Dienstag, 18. November 2008

Von Funken und Fröschen

Eine Reportage über einen ungewöhnlichen Vortrag
(aus der Umweltzeitung 11/08)

Ein altes Schloss mit meterdicken Mauern, ein Vortrag hinter uns, bei dem einige mit dem Schlaf gekämpft haben. In der Pause taucht ein „junger Bart“ auf, macht Small-Talk mit einigen Teilnehmern und dann: „ich will mich noch vorbereiten“
Er setzt sich hin und studiert NICHT seine Unterlagen und schaut NICHT in seinen Laptop. Nein, er sitzt da und beobachtet die Teilnehmer.

Zum Brennen bringen
Dann steht er auf, Gestik und Mimik beweisen: er glaubt an das was er sagt. Er sprüht vor Begeisterung, wenn er erzählt, wie er Menschen dazu gebracht hat, ihre Gemeinde zu gestalten. Wie es ihm gelungen ist, sie „zum Brennen“ zu bringen.
Und dann die Vorstellrunde. Ein Seelenstriptease. Jeder merkt: es brennt etwas in den Teilnehmern. Die Voraussetzung, um einen Funken zum überspringen zu bringen.
Er spricht wenig von Sachen, er spricht von Visionen, vom Spaß, gemeinsam Visionen zu entwickeln. Er ermutigt uns, Zwischenergebnisse öffentlich zu machen. Das baut Ängste ab und macht neugierig, auch mit zu machen. Und: ja keine Angst vor Ideenklau.
Im Gegenteil, vielleicht setzen andere die Idee um, es ist trotzdem Dein Verdienst. Die üblichen Klischees von Parteipolitik vergisst man da einfach.

Es macht Sinn
Er bringt das Zitat von Saint-Exupery vom Schiffe bauen und von der Hoffnung, dass es SINN macht, egal wie es ausgeht. Damit fällt der Erfolgsdruck weg. Auch ein Workshop mit nur 2 Teilnehmern bringt was. Das ist beruhigend. Er versteht es, uns zu motivieren. Und zeigt uns damit, wie auch wir Mitarbeiter motivieren können.
Von der „Vorbereitung“ bis zum Schlusssatz merke ich: Wir sind
ihm wichtig und er traut uns viel zu. Wahrscheinlich ist diese Wertschätzung der Schlüssel zum Erfolg. Zum Schluss erzählt er die Geschichte vom Froschrennen auf
den hohen Turm. Alle Zuschauer sind überzeugt, dass es ohnehin keiner schaffen wird und schreien das den Teilnehmen zu. Das demotierviert sie und einer nach dem anderen
gibt auf. Nur einer nicht. Er schafft, was ihm keiner zugetraut hat. Und beim Siegerinterview die Frage: wie hast du das schaffen können.
Er gibt keine Antwort, auch nicht auf wiederholtes Nachfragen. Er hat die Frage nicht gehört, weil er taub ist. Er hat daher beim Rennen die demotivierenden Zurufe der Zuschauer nicht gehört.
Die Botschaft ist: Tun wir, was wir uns selbst zutrauen und lassen wir uns nicht von den Skeptikern bremsen. Und: vermeintliche Schwächen können der entscheidende
Vorteil sein. Es war herrlich ihm zuzuhören, und irgendwie beneide ich ihn.
Weil es ihm gelungen ist, den für ihn optimalen Beruf zu haben und mir nicht.
Aber vielleicht werde ich das nun ändern.

Artikel von Ernst Sperl

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